Wolfgang Michal
Umbrüche & Entwicklungen

Abschied von gestern

21. Juli 2011, 23:52

In dieser Woche ist nicht nur das Medienimperium des Rupert Murdoch an seine Grenzen gestoßen, in dieser Woche haben sich für viele Schreibende die Dinge zugespitzt. Andere würden sagen: geklärt.

In dieser Woche schrieb der Chefredakteur des Philibuster, Michael Stepper, einen viel beachteten Brief an 1727 junge Journalisten, die sich gegen eine 30-prozentige Lohnsenkung wehren:

„Wer sich heutzutage für einen journalistischen Beruf entscheidet, muss sich im klaren darüber sein, dass der Journalismus längst ein Luxusberuf ist, den man sich leisten können muss.“

Dem verzweifelten Nachwuchs empfiehlt Stepper, lieber einen Beruf zu erlernen, von dem man leben kann – und nebenbei zu schreiben, nach Lust und Laune, frei von jeglicher Zensur, ohne Sachzwang, ohne Auftrag.

In dieser Woche sagte der New Yorker Schriftsteller Gary Shteyngart zur SZ:

„Es gibt immer weniger Leser, aber immer mehr Autoren… Ich unterrichte Kreatives Schreiben an der Columbia-Universität. Jedes Jahr bekommen wir mehr Bewerber. Diese Studiengänge schießen wie Pilze aus dem Boden. Mehr als 400 gibt es davon in den USA. In vielen wird kaum gelesen. Man schreibt, schreibt, schreibt…“

In dieser Woche meldete die Universität Hamburg, dass sich für das kommende Wintersemester im Fachbereich Medien- und Kommunikationswissenschaften 3317 Bewerber auf die vorhandenen 38 Plätze beworben haben.

In dieser Woche sagte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Großverlags Gruner & Jahr, Bernd Kundrun, der sich mittlerweile der Finanzierung  von start-up-Unternehmen widmet, in einem MeediaInterview, dass er nur Konzepte unterstütze, die

„ein Leistungsversprechen beinhalten, das für viele Menschen von Nutzen ist. Und zwar in einem Maße, dass die Menschen auch dafür bezahlen. So funktioniert es bei unserem Crowdsourcing-Übersetzungsdienst Toptranslation genau wie bei Hochzeitsplaza oder Pflege.de.“

Da der Journalismus ein solches Leistungsversprechen offenbar nicht abgeben kann, hat Kundrun auch kein größeres Interesse mehr an diesem Geschäft:

Ich will mich gegenüber meiner alten Branche zurückhalten und nicht als Wettbewerber wahrgenommen werden. Aber es ist auch sehr schwierig, Geschäftsmodelle zu entdecken, die auf Basis journalistischer Kompetenz im Internet kommerziell reüssieren. Das macht nach wie vor das Problem dieser Branche aus, die nach der iPad-Euphorie schon wieder in der Ernüchterungsphase steckt… Es bleibt nichts anderes übrig, als es mit Trial and Error zu probieren… Um ehrlich zu sein, ich kenne die richtige Antwort auch nicht.“

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