Wolfgang Michal
Umbrüche & Entwicklungen

Monopol-Kapitalismus

2. Februar 2012, 10:47

Apple hat inzwischen 100 Milliarden Dollar in der Portokasse. Doch letztlich wird es der göttlichen Firma so gehen wie Rockefellers Standard Oil Company.

Was wir heute mit der von der Digitalisierung voran getriebenen Monopolisierung marktbeherrschender Branchen erleben (siehe Apple), lief so ähnlich bereits vor 100 Jahren ab. Damals waren es die Öl- und Stahlgiganten, die sich durch Preisabsprachen mit der aufstrebenden Transportindustrie (Eisenbahnen!) einen uneinholbaren Vorteil verschafften und den Markt zu erdrosseln drohten. Diese Phase des Turbo-Kapitalismus ist vor allem mit dem Namen Rockefeller verbunden. Die von John D. Rockefeller 1870 gegründete Standard Oil Company kontrollierte nach wenigen Jahrzehnten die gesamte Öl-Verwertungskette und beherrschte 70 Prozent des Weltmarkts.

Apple könnte Ähnliches gelingen.

Am 2. Juli 1890 wehrte sich die Politik zum ersten Mal gegen die Auswüchse dieses Monster-Kapitalismus. Und zwar aus Angst vor den Linken, die immer größeren Zulauf erhielten. Am 2. Juli 1890 wurde der „Sherman Antitrust Act“ vom Repräsentantenhaus einstimmig (!) verabschiedet – es war die erste Anti-Monopol-Gesetzgebung der USA.

Der einflussreiche republikanische (!) Senator John Sherman, Rechtsanwalt und Sohn eines Richters am Obersten Gerichtshof, wollte mit diesem Gesetz der sozialistischen Agitation den Wind aus den Segeln nehmen. Doch das Gesetz wurde gar nicht angewandt. Es war ein reines Schaufenstergesetz.

Bis die investigative Journalistin Ida Minerva Tarbell durch ihr zähes „Muckraking“ wieder Leben in die Debatte brachte. Die berühmte Reporterin recherchierte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die schier unglaubliche Geschichte des kometenhaften und nicht gerade feinen Aufstiegs von John D. Rockefeller, dem reichsten Mann der Welt. Ermöglicht hatte die drei Jahre (!) dauernde Recherche (zähneknirschend) der nicht ganz so reiche Verleger McClure von McClure’s Magazine. Tarbells Magazin-Serie wurde ein Riesenerfolg. 1904 erschien sie als Buch: „The History of the Standard Oil Company“ – ein Megaseller. (Heute hätte sich John D. Rockefeller vermutlich – wie Steve Jobs – eine autorisierte Biographie ‚schreiben lassen’. So viel zum Stand des Qualitäts-Journalismus!).

Das Thema Trusts und Marktmacht ließ die Öffentlichkeit nun nicht mehr los. Am 8. November 1906 eröffnete die US-Regierung unter Präsident Theodore Roosevelt ein Verfahren gegen Standard Oil nach dem Sherman Antitrust Act. Und nach fünfjährigem Prozess führte ein Spruch des Obersten Gerichtshofs am 5. Mai 1911 zur Entflechtung des Ölgiganten.

Die Ironie dabei: Als die Aktienkurse nach der Entflechtung in den Keller rauschten, kaufte Rockefeller die billiger gewordenen Papiere auf und wurde erst so richtig zum Krösus. (Denn die Erfindung des Automobils und der Erste Weltkrieg ließen die Nachfrage nach Öl extrem ansteigen).

So weit die Vergangenheit. Heute ist der Apple-Konzern – in Verbindung mit der aufstrebenden Transportindustrie des Internets – auf dem besten Wege, die damalige Erfolgsgeschichte zu wiederholen. Apple beherrscht die digitale Wertschöpfungskette und wird eines Tages den Weltmarkt beherrschen. Die Politiker werden Gesetze gegen das Monopol beschließen, aber die Gesetze werden ins Leere laufen – bis der Druck so groß ist, dass man Apple entflechten muss (wie auch Google, Facebook und Amazon).

Nur eines wissen wir heute noch nicht: Ob die wahre Geschichte vom Aufstieg des reichsten Mannes der Welt auf einem MacBook oder einem iPad geschrieben wird.

Lektüreempfehlung: The human costs of an iPad (New York Times)

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8 Kommentare

  1. Apple hat 2011 einen weltweiten Anteil am Computermarkt von etwa 5%, bei Mobiltelefonen liegt Der Maktanteil 2011 bei etwa 6%. Das sind mal Monopole! Aber natürlich, Apple hat ein Monopol auf – Produkte von Apple.
    Wenn Apple bei diesen bescheidenen Marktanteilen und seiner minimalistischen Produktpalette trotzdem einen Großteil der Gewinne in den Branchen einfährt, dann spricht das ehr gegen die Konkurenz als gegen Apple.
    Sorgen machen sollte man sich allerdings um eine Gesellschaft, die zunehmend alle ihre Heils- und Unheilserwartungen auf eine Firma projiziert, die schlicht Rechenmaschienen baut.

  2. @andre.s: Wir reden von der Zukunft. „Apple könnte Ähnliches gelingen“. Wenn die Firma jetzt schon 100 Mrd. auf dem Girokonto hat, kann man sich vorstellen, was sie in fünf Jahren ausgeben kann. Schon jetzt ist Apples Wert nahe am Weltmeister Exxon Mobil (übrigens eine Entflechtungsfirma von Standard Oil).

  3. Qualität und Quantität sollte man nicht verwechseln.
    Es stimmt, dass Apple auf dem Smartphonesector eine super Qualität liefert.
    Ich denke aber die Quantität, wie SAMSUNG Smartphones auf den Markt bringt, wird diese Monoplstellung brechen.
    Wir hatten schon einmal ein Videosystem (Video 2000) das qualitativ super war, aber durchgesetzt hat sich dann doch der VHS-Standart (der kam aus Fernost).

  4. In der Marktkapitalisierung bildet sich das Potential ab. Das Potential liegt nicht nur im iPhone, sondern in der Beherrschung der Wertschöpfungskette. Das wird irgendwann zum Problem werden und hat mit der zweifellos guten Qualität der Produkte nichts zu tun. Und man muss zur Kenntnis nehmen, wie die hohen Gewinnspannen zustande kommen.
    http://www.golem.de/1112/88724.html

  5. Hier wird der momentane, temporäre Hype um den ganzen „Internetsocialnetworksmartphoneblödsinn“ einfach in die Zukunft weitergedacht.

    Aber bald schon wird selbst der grösste Facebook- Blödmann feststellen, dass er super informiert ist ,dank seines ihm in die Hand gewachsenen iPhones, aber dass er trotzdem nix zu fressen im Kühlschrank hat.
    Spätestens dann hat Apple und Konsorten Feierabend.

    Viel Spaß beim Denken und

    bis dann

  6. Auch wenn Apple sehr erfolgreich geschäftet hat und in der juristischen (Schlamm-) Schlacht gegen den auf dem Fusse folgenden Konkurrenten Samsung einzelne Erfolge verbuchen konnte, ist imho ein Monopol höchst
    unwahrscheinlich.

    Viel eher ist ein Duopol von Facebook und Google beim Buhlen um die Gunst der Benützer von Social Media zu erwarten.

    Mit dem Geld aus dem Börsengang könnte Facebook ebenfalls eine Suchmaschine in ihre Software integrieren!

  7. Na ja, Apple und vormals Jobs würden zweifellos gerne so sein wie hier beschrieben. Zum Glück beherrschen sie aber nur die Leute, die so naiv sind, ihr Zeug zu kaufen und sicher auch ihre Zulieferer. Aber ein Applesches (Quasi-)Monopol gibt es nicht, außer vielleicht bei Itunes (?). Es würde auch nicht so gut zum albernen Pseudoelitären Image passen. Microsoft hat da bei ganz anderen Sachen den Daumen drauf…

  8. @Moritz Lang: Genau das Gegenteil wird der Fall sein. Diese Fragmentierung und die Menge an Geräten wird Android und den „Markenherstellern“ mit Android das Genick brechen.

    Punkt Fragmentierung: Bei Apple gibt es mehr oder weniger ein iPhone. Daher muss man für das iPhone eine App nur einmal entwickeln und die läuft. Bei Android verfrickelt jeder Hersteller das System nach seinem Gutdünken und stellt dann den Support nach 6 Monaten ein. Toll für den Kunden, wenn nach 6 Monaten ein App nicht mehr auf seinem Android läuft.

    Punkt Menge: Nokia hat es auch über eine Menge an Modellen versucht – und das hat ihnen später gar nicht gut bekommen.

    Punkt Markenhersteller: Wirklich jeder kann ein Android-Telefon zusammenklöppeln. Und es gibt nichts bei Android, was ein chinesischer Hersteller nicht unterbieten kann. Steht dann halt in Deutschland z.B. Medion drauf, wenn es nicht unter eigenem Namen verkauft wird. Und beim teilweise miesen Support der „Markenhersteller“ mit Android würde ich lieber zweimal ZTE oder so was aus China kaufen. Da hab ich dann zweimal ein aktuelles Android zum gleichen Preis eins Samsungs.

    Zum eigentlich Artikel: Es ist ja wohl eher so, dass Apple nicht besonders gut ist. Das Problem ist nur, dass die anderen Hersteller von Computern viel mieser sind.

    Das sieht man besonders bei HP ganz schön. Mittlerweile haben fast alle anderen Hersteller von PCs die eigene Entwicklungsabteilungen auf dem Altar des Shareholder Values geopfert. Die können wirklich nur noch was nach dem Referenzdesign von Intel, Nvidid oder ATI in einem klotzigen Gehäuse zusammenschrauben. Und dann überlegten sie im Falle von HP noch, ob sie überhaupt noch PCs herstellen wollen. So vertreibt man auch den letzten Kunden.

    Dazu kommen dann noch andere unfähige Industrien wie z.B. die Musikindustrie. Wo wäre die heute ohne iTunes?

    Apple wird es einfach zu leicht gemacht.

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