Der bürgerliche Widerstand gegen den Euro-Rettungsschirm wächst. Die Kanzlerinnenmehrheit wackelt. Und was tut die Regierung? Wird Wolfgang Schäuble – wie einst Bismarck – eine Blut-und-Eisen-Rede halten?
In den Kreisen des verunsicherten Bürgertums gärt es. Die Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld zählt bereits die Tage bis zum Jüngsten Gericht: noch neunzehn, noch achtzehn, noch siebzehn Tage – dann wird Europa zwangssozialistisch werden, bezahlt mit deutschem Geld.
Ein Propaganda-Video (‚gefeatured’ von Welt Online), das derzeit im Netz herumgeistert, warnt vor dem Untergang, in den uns die verblendete Kanzlerin führt. Was ihre Finanzexperten da unter dem Titel „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ (ESM) ausbaldowert haben, sei der Ausverkauf der deutschen Demokratie an eine staatssozialistische, bürokratische Finanzoligarchie, die uns alle enteignen wird.
Das ist die Grundstimmung. Und in diesem Gärbottich finden alle, die schon lange gegen die Kanzlerin sind, endlich zusammen: marginalisierte ostelbische Landadelige, strenge Erzieher, Vertreter der Achse des Guten, Ex-Redakteure bürgerlicher Zeitungen, ewige Warner vor dem Werteverfall, erzkatholische Unternehmer, Anti-Islam-Prediger, Goldbarren-Horter, Brüssel-Hasser und all die übrigen Esoteriker der Gegenmoderne.
Jetzt haben wir sie – die deutsche Tea-Party-Bewegung: eine Bürgerwehr, die sich rechts von der (von Gott und von allen guten Geistern verlassenen) CDU in Vereinen, Allianzen, Instituten und zivilgesellschaftlichen Initiativen organisiert und vernetzt. Diese Bürgerwehr behauptet, der „Eurosozialismus“ werde unsere parlamentarische Demokratie (per Ermächtigungsgesetz) zerstören, um uns in die ewige Zins-„Knechtschaft“ zu führen. Stimmen die Bundestags-Abgeordneten der „Euro-Finanzdiktatur“ zu, dann „Gute Nacht Deutschland“. Deshalb: Empört Euch! Widersteht!!
Das zweifellos gut gemachte „Enthüllungs“-Video „Die Schuldenunion“ zeigt, dass man sich auf der Seite der Guten wähnt und für die gutbürgerliche Sache kämpft: den Erhalt unserer Demokratie, und das heißt: die Verteidigung unseres Geldes gegen die Kost- und Müßiggänger der EU.
Die deutsche Tea-Party-Bewegung fordert von ihren Abgeordneten ein klares Nein zum Crash-Kurs der Regierung. Sie sollen sich einer Politik verweigern, die unser Geld sinnlos verpulvert.
Da kommt den tapferen Bürgern sicher der stolze Kampf der Liberalen in den Sinn, die 1862 – in einem für Deutschland wirklich folgenreichen Verfassungskonflikt – gegen König & Kanzler aufbegehrten. Otto von Bismarck, der ostelbische Junker und spätere Reichsgründer, hatte in verfassungswidriger Weise eine Heeresreform gegen das Parlament durchgedrückt, so, wie die Bundesregierung, nach Meinung der Tea-Party-Bürger, die Euro-Rettungsmaßnahmen gegen den parlamentarischen Widerstand ihrer eigenen Leute durchdrücken will.
Es wird ein spannender Herbst. Und man wird sehen, ob Wolfgang Schäuble („Den Weg, den wir gehen, müssen alle gehen“) in der Krise, in gereizter Stimmung, vor den Abgeordneten den Bismarck gibt. Dieser hatte 1862, ebenfalls Ende September, in seiner berühmten Blut-und-Eisen-Rede deutlich gemacht, wie man eine Reichseinigung unter der Führung Preußens erzwingen kann:
„…nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen – sondern durch Eisen und Blut.“
Ein härteres Durchgreifen wäre sicher nach Schäubles Geschmack: die europäische (Reichs-)Einigung unter deutscher Führung, mit Wolfgang Schäuble als oberstem Gouverneursrat im ESM. Denn eines ist schon jetzt gewiss: Trotz des „salomonischen“ Urteils aus Karlsruhe wird die nächste Bankenkrise viel raschere Entscheidungen verlangen als sie ein Parlament oder ein Haushaltsausschuss seriös und verfassungskonform (und das heißt: nicht nachträglich!) erbringen können.
Und die deutsche Tea-Party-Bewegung? Sie wird – nach heftigem Protest – in Scharen und mit wehenden Fahnen zu ihrem neuen Bismarck überlaufen und das ganze Reden und die Majoritätsbeschlüsse nicht mehr so wichtig finden – wie schon der Großteil des aufbegehrenden Bürgertums in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts.
Immer vorausgesetzt, die Reichseinigung gelingt.
Update: Jens Berger schreibt zum gleichen Thema
Lesen Sie dazu auch: Europa unter Druck – von rechts
Aber diese ZIns-„Knechtschaft“ gibt es doch jetzt schon. Von den Ausgaben des Bundes für 2011 gehen für die Bundesschuld 12,2 Prozent des Budgets drauf:
http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_103010/SharedDocs/Bilder/3__Schaubilder__und__Infografiken/23112010-Ausgaben-des-Bundes,templateId=render,property=poster.html
Diese Milliarden könnte man nun wirklich sinnvoller ausgeben.
Der gestrige Tenor des Bundesverfassungsgerichts wirkt so, als wenn er feststand, bevor das Urteil verfasst wurde. Der Tenor ist Europa-Krisen-lösungsorientiert (was vom Ergebnis her nicht verkehrt ist).
Das Posting sehe ich als Warnung für künftige problematische Entwicklungen in Deutschland, wenngleich viele Bürger derzeit zu Recht Schwierigkeiten mit unserer Gewaltenteilung haben. Der Gesetzgeber ist gefordert, an einem gerechteren, vor allem funktionierenden (europaorientierten) System zu arbeiten. Das würde die Gemüter beruhigen.
@Ronnie Grob: Das Wort Knechtschaft steht in Anführungszeichen, weil es aus dem Wortschatz dieser Tea-Party-Bewegung stammt.
@A.G. Wie Prantl in der SZ richtig schreibt, stößt die ‚vereinigte‘ Europapolitik im nationalen Rahmen jetzt an ihre Grenzen. Nun gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: Durchregieren von oben, d.h. der Stärkste bestimmt, wo es langgehen soll für alle (was vielerorts Widerstand auslösen wird) oder Wiederaufnahme des Themas Europäische Verfassung mit abschließender Legitimation durch ein Plebiszit.
@Wolfgang Michal
Soll das eine Satire sein? ich frage nur vorsichtshalber, dann hätte ich sie nämlich nicht verstanden.
Sorry, so sehr ich Ihre Beiträge sonst schätze, aber das ist mir zu flach (ebenso der Artikel von Jens Berger, den ich sonst auch durchaus schätze).
Das bedient genau das, was der „Tea-Party-Bewegung (gibt es die in Deutschland?, ich meine: nein) vorgeworfen wird. Flache Polemik.
Nicht jede/r der die derzeitige Situation kritisch betrachtet ist „nur dagegen“.
Hier sollten doch erstmal Inhalte diskutiert werden.
Besonders: Was ist denn Ihre eigene Haltung zu dem Thema?
Und ergänzend: Prantl, von dem ich sonst viel halte, hat in seinen beiden Artikeln diesmal leider nur SPD- konform argumentiert, weil er weiß, sie wollen zustimmen. Überzeugt haben mich seine Argumente nicht.
@Wolfgang Michal
Kompliment zum Artikel, aber eine klitzekleine Korrektur zum Kommentar #3:
Das Wort „Zinsknechtschaft“ erfreut sich schon seit den Zeiten des NSDAP-Vordenkers Gottfried Feder (1919) in gewissen Kreisen großer Beliebtheit. Das soll (ausnahmsweise) keine Klugscheißerei sein, ich finde es lediglich erstaunlich, welche Parallelen sich hier auftun.
@Antje: Bei diesem Thema sind Sie mit uns dreien (wenn ich Prantl und Berger mitzählen darf) offenbar gar nicht zufrieden 😉
Ja, Sie haben Recht: Es gibt natürlich auch scharfe und berechtigte Kritik an den „Rettungsschirmen“, von attac oder anderen, die keineswegs im Verdacht stehen, morgen eine Tea Party zu veranstalten. Die verwenden auch keine die Debatte vergiftenden Begriffe wie „Knechtschaft“ oder „Ausverkauf“. Daneben gibt es viele Bürger, die tief getroffen sind in ihrem Rechts- und Gerechtigkeitsempfinden, sich aber trotzdem weder da noch dort einordnen wollen.
Mir ging es hier einzig und allein um die entstehende, sich lautstark äußernde „rechte APO“ (Berger) – jene von der regierenden Mitte-Rechts-Koalition wegdriftenden Bürger, die sich nicht mehr vertreten fühlen, und sich nun um das populäre Anti-Die-da-oben-Thema versammeln.
Die politische Mitte scheint die wachsenden Ränder zu ignorieren oder als Kollateralschaden ihrer, wie sie glaubt, vernünftigen und im europäischen Rahmen alternativlosen Politik zu betrachten. Die nächste (große?) Koalition könnte deshalb auf noch schmalerer Basis stehen als die letzte. Und sie wird den wachsenden Rändern wieder keine Alternative bieten, sondern weiterwursteln, so gut es eben geht.
Derweil wachsen die Ungleichheiten in und zwischen den europäischen Ländern und treiben die EU auseinander. Das Regieren wird immer schwieriger werden. Und die wachsenden Widerstände gegen die Zentralmacht werden die Fähigkeit der deutschen Politik, dies alles um jeden Preis zusammenhalten zu wollen, irgendwann überfordern. Das ist der Punkt, an dem es entweder autoritäre Lösungen gibt oder den qualitativen Sprung auf eine höhere Ebene, wie Prantl das nennt. Der notwendige Übergang vom Staatenbund zum Bundesstaat. Für diesen Sprung braucht man aber eine Einigung/eine hohe Zustimmung von unten. Von oben geht das nur mit Entmündigung und/oder mit Gewalt.
@Wolfgang Michal
„Bei diesem Thema sind Sie mit uns dreien (wenn ich Prantl und Berger mitzählen darf) offenbar gar nicht zufrieden ;-)“
Sehr schön, dass Sie meinen Kommentar mit einem gewissen Humor nehmen, danke.
Und das, was Sie sagen, trifft es genau auf den Punkt, das ist meine Befürchtung schon auch. Ich glaube nur, dass wir mit „Bürgerlicher-Mitte-Bashing“ nicht weiter kommen werden. Es muss hier endlich eine intensive Sachdisskussion stattfinden, eine, die sicher weh tut, aber die in der Lage ist zu überzeugen. Ich bin auch für ein geeintes Europa. Ob es gleich ein Bundesstaat sein muss, sei mal dahingestellt.
Aber ich bin nicht dafür an d i e s e s Europa (dabei meine ich die Konstellation EU Kommission, Rat und Parlament und ihre jeweiligen Funktionen bzw. Nichtfunktionen) solche Macht abzugeben, wie es vorgesehen ist.
Ich halte sehr viel von Gewaltenteilung, bin also primär dagegen, der Exekutive eine solche Gesetzsetzungsbefugnis zu übertragen. Zumal dann, wenn ich im Gouverneursat weiteres Extremlobbying fürchten und es außerdem auf EU Ebene mit dem EUGH kein „echtes“ Verfassungsgericht gibt. Wie auch, wo der Vertrag von Lissabon keine Verfassung ist.
Mich erinnert die ganze Vorgehensweise an „Die Schock Strategie“ von Naomi Klein.
Panikmache scheint die einzige Maxime zur Rechtsfindung.
Für ein wirklich geeintes Europa reicht das hinten und vorne nicht. Hier muss ich die Menschen mitnehmen und die Möglichkeiten diskutieren.
Bei einer Hoppla Hop Lösung könnte sonst früher oder später das passieren, was wir im ehemaligen Jugoslawien erlebt haben. Und dann, fürchte ich, steht die Rechte extrem erstarkt da.
Ich hoffe, das ist einigermaßen verständlich, ich bin etwas in Eile 🙂
@Antje
Wenn unsere Artikel denn überhaupt „Bashing“ sind (das sind sie meiner Meinung nach nicht), dann sind sie sicher kein „Bürgerliche-Mitte-Bashing“. Weder die amerikanische Tea-Party noch dieses deutsche Netzwerk rund um Abgeordnetencheck sind der Mitte zuzurechnen. Man muss das Kind auch hin und wieder mal beim Namen nennen. Für diese politische Strömung, die eine Mischung aus Konservatismus, Nationalismus und Libertarismus (nicht Liberalismus!) ist, gibt es nun einmal bislang noch keine griffige und passende Bezeichnung. Mit der Schublade „rechts“ liegt man jedoch gar nicht so falsch.
Die Anstrengungen dieser wert“erz“konservativen und marktradikalen Strömungen, durch PR eine rechte APO aufzubauen, die Druck auf die Parteien (hier vor allem auf die CDU) ausübt, sind ja beileibe nicht neu. Mit der Kritik am Euro und der Rettungspakete haben sie natürlich ein sehr passendes Thema gefunden.
Mit dem ESM hat das alles aber nur sehr wenig zu tun. Der ESM ist zu kritisieren – aber aus anderen Gründen als es dieses Video vorspielt. Vor allem sollte man klar Position beziehen, welche Verbesserungen am ESM oder welche Alternativen zum ESM einem so vorschweben. Zum Thema finden sich fast tagtäglich gute Artikel in den Hinweisen des Tages der NachDenkSeiten. Die Videomacher haben ihre Position – Austritt aus dem Euro. Diese Position entscheidet sich jedoch diametral zu den Alternativen, die ich bevorzuge. Es sollte Dich also nicht wundern, wenn ich (also ESM-Kritiker) es mir verbitte, von diesen Radikalinskis vereinnahmt zu werden.
Das Video ist manipulativ und arbeitet (freundlich ausgedrückt) mit Halbwahrheiten. Exakt dieses Muster wird ja auch von der Tea-Party mit sehr großem Erfolg angewendet. Mich wundert das nicht.
Der „Euro als zweites Versailles – nur ohne Krieg“, das ist so die Stimmung, die da vorbereitet wird.
Wenn es eine Tea-Party-Bewegung in Deutschland (glücklicherweise noch) nicht gibt, dann stellt sich mir die Frage, ob Postings wie beispielsweise die von Wolfgang Michal und Jens Berger, die aus meiner Sicht vor einer solchen Bewegung warnen, nicht die Entstehung einer solchen Bewegung ungewollt befördern können, da sie dem Tea-Party-Gedanken in Deutschland mediale Aufmerksamkeit verschaffen. Warum sind die Leitmedien davon abgekommen, über Rechtsradikale zu berichten? Um sie da zu lassen, wo sie sind: im Bereich der Bedeutungslosigkeit. Da gehört eine Bewegung rechts neben der CDU, die im Keim vorhanden ist, sich hinter eingetragenen Vereinen verbirgt, ebenso hin. Wenn jetzt über eine „Tea-Party Deutschland“ in der Öffentlichkeit diskutiert wird, dann haben die Vereinsmitglieder das, was sie wollen. Mit Details, Hintergründen befassen sich nun nicht die meisten Bürger, Populismus reicht oft, Filmchen-Klicks auch.
@Wolfgang Michal: „oder Wiederaufnahme des Themas Europäische Verfassung mit abschließender Legitimation durch ein Plebiszit.“ Ja, aber bitte schnell. Der Euro-Rettungsschirm löst nur vorübergehend die Staatsschuldenkrisen. Wenn es hier knallt, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit, eine Europäische Verfassung zu verabschieden.
@A.G. Ich glaube nicht, dass wir etwas herbei schreiben, wir verweisen lediglich auf das, was da ist. Und versuchen, es zu benennen und zu beurteilen.
Eine Europäische Verfassung geht leider nicht schnell, eine Verfassunggebende Versammlung würde Jahre tagen (aber das Ergebnis wäre kürzer, lesbarer und hundert Mal besser als das, was die Bürokraten zuletzt vorgelegt haben). Man müsste diese Versammlung jetzt – parallel zum ESM-Prozess – einberufen.
Zu Schäuble/Bismarck übrigens eine schöne Fundstelle:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13686302.html
die Diskussion betrachtend kommen mir große Zweifel, ob ich das Überleben des Euro erwarte oder wünsche. Eine Lösung – wie auch immer geartet – muss schnell kommen.
Bei unseren Politikern und Parteien entspricht die zu erwartende Lösung mit Sicherheit nicht meinen Erwartungen. Der heutigen EU nur ein bisschen mehr Möglichkeiten zu geben – nach den Ergebnissen die wir heute bereits sehen – ist für mich nicht akzeptabel.
Gibt es denn überhaupt ein Ausstiegsszenario, welches halbwegs kontrolliert ablaufen könnte?
@Jens Berger
„Es sollte Dich also nicht wundern, wenn ich (also ESM-Kritiker) es mir verbitte, von diesen Radikalinskis vereinnahmt zu werden.“
Das verstehe ich ja. Ich will auch nicht von diesen Leuten vereinnahmt werden.
Und zur Klarstellung: Ich finde weder deinen noch Wolfgang Michals Text „schlecht“, also als Texte, bewahre.
Mich treiben nur einfach ganz andere Dinge um. Ich will mich nicht mit diesen Radikalisierern befassen, mir geht es um die Konsequenzen, die hier gerade für uns a l l e festgetackert werden.
Da frage ich mich zunächst, warum das alles jetzt so durchgepeitscht werden muss. Das konnte mir bisher noch kein Artikel beantworten. Irgendwie gehen zwar alle von dieser Notwendigkeit aus, aber fundierte Begründungen finde ich nicht. Deshalb mein Verweis zu Naomi Klein.
Wenn wir dem erweiterten Rettungsschirm nicht zustimmen, ist Europa als Einheit gefährdet, so die einen, wenn wir es tun, bricht Europa auseinander, so die anderen.
Wie ich oben sagte, halte ich eine echte Sachdebatte und Auklärung der Menschen für ein perspektivisches Europa für unerlässlich.
Ich kann mich hier nur Burkhard Hirsch anschließen, der wohl nicht in dem Ruch steht ein rechter Treiber zu sein:
„Ich bin für Europa. Ich fürchte aber, dass die Art, wie wir den Euro retten wollen, dazu führt, dass wir Europa am Ende spalten werden“
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,785445,00.html
Die Diskussion kann eben nicht schwarz/weiß geführt werden. Die Schlussfolgerung, dass jede/r, der Bedenken hat auf Tea-Party-Kurs ist ist eben auch falsch. Wahrscheinlich war es das, was mich an Euren Beiträgen am Meisten gestört hat.
Und hier baut Frau Merkel einem scheitern der Abstimmung vor:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,785447,00.html
Aber eigentlich, und hier kann sie sich dann auch abgesichert fühlen, ist es nur das, was das BVerfG in seinem Urteil wirklich gefordert hat.
@Leyhausen Jedes Ausstiegsszenario ist derzeit sofort an den Finanzmärkten spürbar, siehe den heutigen Rücktritt von Stark. Also wird keine Regierung so ein Ausstiegsszenario auch nur in der Schublade liegen haben.
Was wir brauchen, ist eine Verfassunggebende Versammlung, die ein Grundgesetz ausarbeitet, in dem auch die künftigen Bund-Länder-Kompetenzen etc. geregelt werden. Das ist ein jahrelanger Prozess (den man schon in den neunziger Jahren, nach der Wende von 1989, hätte beginnen müssen). Während dieses Prozesses brauchen wir eine Europadebatte auf allen Ebenen. Und die jungen Europäer, deren Zukunft hier verhandelt wird, sollten dafür auf die Straße gehen…
Ach, ich wiederhole mich 😉
@ A.G. #12:
Ihre Einschätzung teile ich so nicht. Denn ein Ignorieren dieser Bewegung (sofern man dies denn als „Bewegung“ bezeichnen darf – aufgrund der dahinter stehenden Organisationen – Bewegung ist für mich etwas basisdemokratisches) führt keinesfalls zu deren Verschwinden. Da die dort zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht unerheblich sein dürften, wird sie auch zukünftig verschiedenste Wege zur öffentlichen Meinungsbildung und -manipulation beschreiten können. Ein Ignorieren hingegen verstärkt die Gefahr, dass diese Manipulation letztendlich erfolgreich sein könnte.
Dem kann nur mit gezielter Aufklärung entgegengewirkt werden, indem offengelegt wird, wer dahinter steht, welche Ziele damit verfolgt werden und mit welchen Mitteln eine Manipulation der öffentlichen Meinung stattfindet.
@ Antje #16:
Ich kann diese Gedankengänge sehr gut nachvollziehen. Denn sie sind so falsch nicht.
Das, was wir seit geraumer Zeit miterleben (müssen), ist eine Reaktion der Politiker auf die Symptome. Die Ursachen werden jedoch beharrlich ignoriert und erst recht nicht beseitigt. Sicher ist die Rettung der finanziell angeschlagenen Staaten richtig und wichtig. Wenn jedoch die Ursachen dafür nicht beseitigt werden, folgt fast zwangsläufig eine Rettung der nächsten. Ebenso könnte man sich wundern, von einer schweren Erkältung geplagt, warum die Grippe-Tabletten und der kühlende Lappen auf der Stirn nicht hilft. Doch dann stellt man erstaunt fest, dass man ja immer noch barfuß im Schnee steht.
Ein gemeinsamer Währungsraum ohne eine einheitliche Gesetzgebung kann nicht erfolgreich sein. Und dies betrifft alle entscheidenden Rahmendaten. Wirtschaftsförderung, Steuergesetze, Steuerhöhen, Sozialgesetzgebung, Löhne, Arbeitsgesetze usw. usf.. Ansonsten wird die Grundlage eines permanenten Standortwettbewerb geschaffen, der immer zuungunsten der Bevölkerung durch die Wirtschaft initiiert wird. Um beim vorherigen Bild zu bleiben: Erst dann legt man sich auch wirklich ins warme Bett, wo man endlich gesunden kann.
@Lutz Hausstein: „Ein Ignorieren hingegen verstärkt die Gefahr, dass diese Manipulation letztendlich erfolgreich sein könnte.“ Da stimme ich zu.
Die Frage ist – wie hier bereits aufgeworfen –, ob es eine Tea-Party-Bewegung in Deutschland gibt. Formiert hat sie sich bislang nicht. Im Keim ist unter finanzstarken Deckmäntelchen was vorhanden, womöglich mit dem Ziel, eine solche Bewegung in Deutschland zu etablieren. Auf der einen Seite hilft Aufklärung über die merkwürdigen Vereine, Manipulationen entgegenzuwirken, auf der anderen Seite wird dem Gedanken einer solchen Bewegung Aufmerksamkeit verschafft.
‚Aufklärung zur Entlarvung von Manipulationen‘ und ‚Ausnutzen der Aufmerksamkeit für Populismus‘ könnten in einem Spannungsverhältnis stehen. Viele Bürger gehen vermutlich nicht in die Tiefe, sind für Populismus empfänglich. Ich hoffe, dass die Aufklärung zieht. Nur wenn hier schon Blätter wie die Welt Propagandafilmchen pushen, dann wird mir mulmig…
Nicht nur da: Das Vertrauen in die Politik ist so dermaßen gesunken.
@Wolfgang Michal kann ich da nur zustimmen: „… Während dieses Prozesses brauchen wir eine Europadebatte auf allen Ebenen. Und die jungen Europäer, deren Zukunft hier verhandelt wird, sollten dafür auf die Straße gehen…“
Diskutiert wird: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,784217,00.html
Nach meiner Einschätzung geht’s gar nicht mehr dauerhaft ohne eine europäische Wirtschaftsregierung. Mit der Entscheidung für den ersten Rettungsschirm und voraussichtlich den erweiterten Rettungsschirm sitzen alle Euro-Länder in einem Boot. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 07.09.2011 unter Randnummer 112 am Ende ausgeführt: „… Es bleibt auch im Hinblick auf die vorliegend angegriffenen Stützungsmaßnahmen bei dem allgemeinen Befund, dass der Geldwert in besonderer Weise gemeinschaftsbezogen und gemeinschaftsabhängig ist (vgl. BVerfGE 97, 350 )“
Auf die Frage, ob man den ersten Rettungsschirm geeignet fand oder nicht, kommt es jetzt nicht mehr an! Eine Lösung kann nur über die bereits angestoßenen Rettungsmaßnahmen gefunden werden. Dass die Finanzwirtschaft trotz Lehman nicht im Investmentbereich reguliert wurde, ist erbärmlich, dennoch muss im Rahmen der vorgenommenen Entscheidungen eine Lösung gefunden werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Sinne die jetzige Koalition gestützt, um ein Chaos zu vermeiden, auf nationaler als auch europäischer Ebene. Handwerklich fragwürdig, im Ergebnis nicht verkehrt. Noch mehr handwerkliche Schnitzer können sich Politiker (als auch die Judikative) nicht erlauben. Auf europäischer Ebene sind unter demokratischen Gesichtspunkten neue Strukturen zu schaffen, damit es nicht zum Gau kommt. Denn unmissverständlich heißt es im Urteil des Bundesverfassungsgerichts, „dass der Geldwert in besonderer Weise gemeinschaftsbezogen und gemeinschaftsabhängig ist“. Bezogen auf den Euro und dessen Wert, sind die Würfel gefallen, bezogen auf europäische Strukturen nicht, da hängt die EU nach. Dass das nicht funktionieren kann, dürfte auf der Hand liegen. Daher die Europadebatte…
http://www.faz.net/artikel/C30638/standpunkt-eu-superstaatsgruendung-aus-angst-vor-finanz-crash-30686321.html
Danke für den Link: Der Beitrag des FDP-Abgeordneten in der FAZ beginnt so: „Der derzeitige Versuch, einen europäischen Superstaat durch das Schüren der Angst vor einem Zusammenbruch des Finanzsystems und durch kollektiven Rechtsbruch der Europäischen Verträge zu gründen, wird genauso katastrophale Folgen zeitigen wie die Gründung des Deutschen Reiches durch Bismarcks Blut- und Eisen-Politik.“
Das zeigt doch immerhin, dass Blogs gelesen werden. 🙂 (Wenn auch mit falschen Schlussfolgerungen)
Was Scheffler zur möglichen Insolvenz von Banken schreibt, ist völlig richtig. Mit dem Begriff „Insolvenz“ kann nur kaum ein Journalist was anfangen. Das zeigt sich auch darin, dass über die derzeitige Insolvenzrechtsreform, welche zum 01.01.2012 in Kraft treten soll, niemand berichtet.
Die Diskussion über ein stärkeres Europa steht dennoch auf einem anderen Blatt.
Die WAZ Chefredaktion, Herr Ulrich Reitz, fragt im persönlichen Anschreiben vom 13.09.2011: „Wollen Sie die D-Mark zurück?“
Als Geschenk gibt es einen Tchibo-Gutschein über 10,00 € oder einen 8-GB-USB-Stift.
Geschmackloser kann ‚Werbung‘ nicht sein.
Bitte teilt den Aufklärungslink gegen den ESM-Vertrag mit euren Freunden, Bekannten auf Facebook (an die Pinnwand des Freundes posten), per Mail und so weiter – die Zeit wird knapp, umso mehr sich darüber informieren, um was es sich bei diesem diktatorischen Ding handelt, umso besser!
Hier der Link zu dem Video auf YouTube
http://www.youtube.com/watch?v=d6JKlbbvcu0