Wolfgang Michal
Umbrüche & Entwicklungen

Schafft ein, zwei, viele Flatrates!

26. Januar 2012, 11:55

Um die Kulturflatrate aka Kulturwertmark ist es still geworden. Doch die Flatrate-Idee lebt. In Osteuropa. Kann das slowakische Modell auch hierzulande Schule machen?

Knapp drei Euro kostet es in der Slowakei, rund ein Dutzend Medien „exklusiv“ einen Monat lang zu lesen. Erfunden hat das Flatrate-System – eine gelungene Mischung aus App, Abo und Pay Wall – Thomás Bella. Seine Firma Piano Media organisiert die Flatrate so ähnlich wie Apple iTunes oder iBooks. 30 Prozent der Einnahmen verbleiben als Provision bei Piano Media, die restlichen 70 Prozent werden gemäß der Zeit, welche die Nutzer auf den Webseiten verbringen, an die angeschlossenen Medien ausgeschüttet.

Für traditionelle Medienhäuser (aber auch für bestimmte Blog-Zusammenschlüsse) wäre das ein gangbarer Weg. Sie hätten endlich ihr lange erhofftes Bezahlsystem und würden die frei im Netz surfenden Nutzer nicht länger mit larmoyantem Peanuts-Gejammere nerven. Springer könnte eine Springer-Flatrate einführen, Burda eine Burda-Flatrate und Gruner & Jahr eine G+J-Flatrate. Man könnte eine Feuilleton-Flatrate organisieren oder eine Sportflatrate, eine Talkshow-Flatrate oder einen Comedy-Kanal. Kabelfernsehen und Pay-TV funktionieren nicht anders.

Das Piano-Payment-System wäre der Mittelweg zwischen der Generallösung, das komplette Web-Angebot per Super-Flatrate abzugelten und der gescheiterten Micropayment-Hoffnung, jeden einzelnen Artikel per Mausklick honorieren zu lassen. Man hätte mit den Bündel-Flatrates überschaubare Angebots-Einheiten, und die interessierten Leser, Zuschauer oder Hörer würden nicht mit Einzel-Kaufentscheidungen überlastet.

Das Piano-System scheint in der Slowakei gut zu funktionieren. So gut, dass es exportiert wird. In Slowenien schlossen sich acht Tageszeitungen, drei Wochenmagazine und ein Webportal unter einem gemeinsamen Dach zusammen. Dort bekommt man für knapp fünf Euro im Monat (bzw. für knapp 50 Euro im Jahr) Zugang zu einer ganzen Palette slowenischer Medien.

Aber Slowenien ist nur ein kleiner Sprachraum. Wie die Slowakei. Funktioniert das System ausschließlich in solchen Nischen? Oder warum wird hierzulande nicht über ein Bezahl-System diskutiert, das bereits im vergangenen Sommer durch die englischsprachigen Medien ging? Weil damit das geforderte Leistungsschutzrecht überflüssig wäre?

Diesmal als Crosspost von Carta

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie mich durch eine Spende unterstützen.

Umbrüche & Entwicklungen sagt Danke!

0 Kommentare

Weitere Artikel über Medien, Wirtschaft:

Die Hofnarren des Medienbetriebs

Mit der Medienkritik steht es nicht zum Besten. Sie arbeitet sich an Nebensächlichkeiten ab und zweifelt an ihrer Bedeutung. Das müsste nicht sein.

Wer steckt hinter dem #Strachevideo?

Noch immer fehlt ein Bekennerschreiben. Und Spiegel und SZ verraten ihre Quelle nicht. Also schießen die Spekulationen ins Kraut. Am Ende könnte die Geheimniskrämerei den Rechtspopulisten mehr nützen als schaden.

EU-Urheberrechts­reform: Zensur ist nicht der Zweck

Nicht die Zensur von Inhalten, sondern die Pflicht zur Lizenzierung ist der Kern der EU-Urheberrechtsreform: Handlungen sollen nicht verhindert, sondern zu Geld gemacht werden.