Wolfgang Michal
Umbrüche & Entwicklungen

Die Kaffeepadisierung des Journalismus

15. September 2015, 15:51

Erneut setzen Journalisten und Verlage große Hoffnungen auf ein Micropayment-Modell. Diesmal soll Blendle den Online-Journalismus „retten“.

Wieder wird ein „Geschäftsmodell“ für Journalismus mit großem Hallo begrüßt. Das Start-Up Blendle mache alles richtig, heißt es: Es lasse den Verlagen die nötige Autonomie bei der Preisgestaltung, es biete wichtige „Lesestücke“ renommierter Medien, die Bedienung des Kiosks sei denkbar einfach, es gebe kuratierende Lotsen, eine ästhetisch ansprechende Benutzeroberfläche und – bei Produktenttäuschung – sogar eine Geld-zurück-Garantie.

Leider gibt es aber (noch) keine nennenswerte Zielgruppe. Und das heißt: Es gibt (noch) kein dringendes Bedürfnis, die zeitraubende und teure Neubündelung entbündelter Inhalte mitzumachen. Bis auf wenige Aficionados (Vielleser und notorische Kioskstöberer) will niemand für einzelne Zeitungsartikel einzelne Kauf-Entscheidungen treffen müssen. Wenn man 100 oder 150 Artikel bequem zum Wundertütenpreis von 2,90 € bekommen kann (in Gestalt einer Zeitung) – warum sollte man dann für einen einzelnen Artikel aus diesem entbündelten Presse-Bündel 75 Cent bezahlen (5 oder 10 Cent wären schon eher nachvollziehbar)?

Die Kaffeepadisierung des Journalismus

Okay, es gibt inzwischen auch Kunden, die 70 Kaffee-Pads für 12 Euro kaufen, obwohl sie ein Pfund Kaffee für die Hälfte haben könnten (sie kaufen ihre Pads allerdings noch nicht einzeln). Diese Kunden kaufen vielleicht bei iTunes einzelne Songs, obwohl ein ganzes Album oder eine Flatrate bei Spotify im Verhältnis viel preiswerter wäre. Aber kann man Lebensmittel (die man braucht) oder Lieder (die man immer wieder hören mag) überhaupt mit Journalismus vergleichen? Manche Journalisten wünschen sich das: dass ihre Texte wie Lebensmittel oder Lebensmelodien wären. Doch leider sind die meisten Journalisten nur Journalisten – und schreiben Texte für den Tag.

Ein Einzelkauf wäre nur bei einer ganz bestimmten Sorte von Texten sinnvoll – bei so genannten Longreads (oder Pocketstorys), bei Dossiers, mitreißenden Reportagen, größeren Essays oder Analysen, langen Gesprächen, bei Texten, die abseits des Mainstream entstehen, die aufwändig und exklusiv und originell sind und mehr Bestand haben als ein gewöhnlicher Leitartikel – Texte, die in Richtung Kurzgeschichte, ja schmales Buch gehen. Deren Aufwand soll künftig von der dünnen Schicht der Premium-Leser extra bezahlt werden. Aber ein Bericht über die gestrige Pressekonferenz der Bundesverteidigungsministerin? Oder eine flüchtige Rezension der Uraufführung von Wagners „Lohengrin“? Warum sollten Notizen, die für den Tag und die Zeitung geschrieben sind, als separates ‚Produkt’ noch einmal teuer zweitverwertet werden (und wie viel vom Zusatz-Erlös bekommen eigentlich die Autoren)?

Man könnte auch Bücher pro Seite verkaufen

Wie enorm die Erlöse durch Micropayment sind, wissen wir aufgrund der ‚bahnbrechenden Erfolge’ von flattr, kachingle oder LaterPay. Irgendwann ist es selbst dem gutmütigsten Menschen zu mühsam, unablässig Bewertungen und Kauf-Klicks abzugeben (Der Bitcoin-Experte Nick Szabo nannte das „mentale Transaktionskosten“). Presse-Micropayment ist ungefähr so sinnvoll wie der Vorschlag, jede Seite eines E-Books extra zu verkaufen. Per Maus-Klick (der natürlich ganz „einfach“ und „bequem“ ist) könnte man am Ende jeder Seite die nächste Seite für 2 Cent dazukaufen. Manche Seite würde man auch zurückgeben. Und manche Kuratoren würden vielleicht nur die Seiten 38 und 257 empfehlen… Nein, diese Umstandskrämerei kann kein ernsthaftes Geschäftsmodell für Journalismus sein. Es nimmt den Leser zu sehr in Beschlag und gilt nur für Bruchteile des Journalismus. Die Branche würde sich überschätzen, wenn sie die Blendles dieser Welt als Rettung des Journalismus ansähe. Wäre der Einzelverkauf von „hochwertigen“ Presse-Artikeln ein Geschäftsmodell – Amazon hätte es längst in sein Angebot integriert.

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14 Kommentare

  1. Ich habe einen kleinen Sohn, bin Akademiker und habe leider überhaupt keine Zeit, Zeitung zu lesen. Genauer gesagt, ich bin zu geizig, kaum gelesene Tageszeitungen wegzuschmeißen. Also habe ich keine Zeitung (statt der gewünschten drei) abonniert. Schade eigentlich.
    Seit gestern habe ich die Süddeutsche und die FAS/Faz durchgeblättert und die Artikel, die mich interessiert haben, gelesen und natürlich bezahlt. Über Blendle. – Ich weiß nicht, ob ich mich da total verschätze, aber als 40 jähriger Vater und Akademiker sehe ich mich als Teil einer durchaus nennenswerten Zielgruppe für Tageszeitungen.
    Man muss das alles erst einmal in Ruhe beobachten. Sie sagen pessimistisch „Kaffeepadisierung“, ich sage als bisher zufriedener Optimist „Aeropressisierung“ des Journalismus.

  2. @Matthias Schumacher: Sie haben offenbar die Zeit, jeden Tag die Artikel herauszusuchen, die Sie anschließend lesen wollen. Ich sehe durchaus die Möglichkeit, ausgehend von solchen Kiosken, eines Tages zu individualisierten Tageszeitungen zu kommen. Aber wie viel würde eine individualisierte Tageszeitung mit nur 15 Beiträgen kosten? 10 Euro? Wie viel zahlen Sie zur Zeit bei blendle?

  3. Ich bin da ganz auf der Seite von Herrn Schumacher – mir geht es ebenso, dass ich kaum die Zeit finde, eine ganz Zeitung zu lesen und deshalb keine kaufe. Zumal ich auch Teile davon gar nicht lesen will. Das Aufbrechen auf die kleinste Einheit halte ich allerdings auch nicht für die Lösung. Ich hätte eher daran gedacht, ganze Teile (Feuilleton, Sport, Politk, Wirtschaft, …) herauszulösen. Als F. Schirrmacher noch lebte, hätte ich etwa mit Freuden ein elektronisches Abo für das FAZ-Feuilleton abgeschlossen.

  4. Es wundert mich, dass nach so vielen Jahren der Forderung nach „einzeln kaufbaren Artikeln“ der Autor noch immer meint, es gäbe da keinen Bedarf. Man fände es gar zu „mühsam“, eine Kaufentscheidung nur für einen Artikel zu treffen!

    Wieso das denn? Lange schon ist festgestellt, dass nicht einmal mehr die Startseiten der Großmedien große Relevanz haben. Nur ein Bruchteil der Leser kommt über die „Homepage“ auf einen Artikel – all den anderen „begegnet er“ im Internet.

    Angeboten von Aggregatoren (hierher kam ich über Rivva), in kuratierten Newslettern, über Tweets und Sharing sonstwo. Immer nur DER EINE ARTIKEL – lange schon nicht mehr ein Paket von Artikeln, gar eine Ausgabe, ein „Bündel“.
    Man ist es gewohnt, für EINEN ARTIKEL eine Lese-Entscheidung zu treffen – bei Blendle wird da nun eine Kaufentscheidung draus, doch ist das keine große Hürde, Geld zurück geht schnell und sofort!

    „Wenn man 100 oder 150 Artikel bequem zum Wundertütenpreis von 2,90 € bekommen kann (in Gestalt einer Zeitung) – warum sollte man dann für einen einzelnen Artikel aus diesem entbündelten Presse-Bündel 75 Cent bezahlen?“

    Na, weil man die 100/150 von irgendwem gebündelten Artikel gar nicht lesen will – warum also dafür bezahlen? Text ist schließlich nicht gleich Text – ein Schreibender sollte sich dessen doch bewusst sein!

    Für mich (Altersgenossin des Autors) ist Blendle großartig! Seit Jahren kaufe ich keine Zeitungen mehr, denn ich käme nie dazu, sie zu lesen. Dafür lese ich online umso mehr,. vermisse aber durchaus hochwertige, tief schürfende, Hintergrund vermittelnde und zum Nachdenken anregende Artikel. Es gibt sie, aber man muss sie suchen… (für reine Info zahlt man nicht, das ist schon lange klar!)

    Dank Blendle hab‘ ich nun Zugriff auf ein deutlich größeres, aktuelles Angebot aus allen Zeitungen und Magazinen, die ich mir nur wünschen kann! Zu erschwinglichen Preisen, wobei Angebot und Nachfrage hier gewiss noch Änderungen bewirken wird. Und sogar mit Geld-Zurück-Garantie, die das Bedauern über einen dann doch enttäuschenden Artikel vermeiden hilft.

    Hinzu kommen SocialMedia-Features, die man nutzen kann, aber nicht muss. Man kann Leuten folgen und deren Empfehlungen sichten – auch was Nettes!

  5. @ClaudiaBerlin Die Entbündelung ist ja nur der erste notwendige Schritt zur späteren Re-Bündelung, das heißt, man wird sich – Blendle einmal konsequent weitergedacht – sein Medienmenü künftig individuell zusammenstellen können. Der Preisunterschied ist aber gewaltig und wird die Kluft zwischen armen und reichen, bildungsnahen und bildungsfernen Medienkonsumenten vergrößern. Bei einer Flatrate wäre dagegen gesichert, dass die Konsumenten bei gleichem Preis sowohl Zugriff auf Premium-Inhalte als auch auf billige Inhalte haben.
    Als die Verlage vor Jahren mit dem Piano-Modell konfrontiert wurden, haben sie hierzulande abgewunken. Nun sind sie begeistert von Blendle.
    http://www.wolfgangmichal.de/2012/01/schafft-ein-zwei-viele-flatrates/

  6. Treffer, versenkt!, Herr Michal. Blendle ist nur eine Verlängerung des Printmodells ins Digitale. Leser, die keine Zeitung mehr abonnieren. verschaffen den Verlagen Zusatzeinnahmen über eine Zweitverwertung. Es ist diese Gruppe, die sich in den vorherigen Kommentaren vehement zu Wort gemeldet hat. Ich glaube nicht, dass sie groß genug ist, um den Printjournalismus längerfristig zu stützen. Am Grundproblem des Geschäftsmodells ändert sich gar nichts. Anzeigen und Werbung haben bisher die Textproduktion wesentlich finanziert. Fallen diese Einnahmen weg, steigt der Preis für die Texte überproportional. Was aber noch wichtiger ist. Diese Texte müssten gehaltvoller und analytischer sein, als die Wochenend-Dutzendware, die immer längere aber keine besseren Texte produziert. Der Longread ist doch meistens nur ein journalistisches Missverständnis. Es ist wie beim Essen in einem zünftigen Landgasthof. Im Vordegrund steht die Quantität, nicht die Qualität. Wieviel Journalisten gibt es eigentlich in Deutschland, die tatsächlich in der Lage sind, regelmäßig Texte für die man einzeln bezahlen würde, herzustellen? Wir haben ja ein echtes Qualitätsproblem im deutschen Journalismus. Und wir haben ein Publikum, das anspruchsvolle Texte kaum noch gewöhnt ist. Nur noch Meinungen und Clicheés, Verlautbarungsjournalismus, anschließend Gefühle und dann wieder jede Menge Meinungen und Meinungen über Meinungen. Man muss sich mal die Mühe machen, bei der SZ oder beim Spiegel alle Textinhalte, die Meinungen darstellen, anzustreichen. Dann sieht man erst, wie informationsarm unser Journalismus geworden ist.

  7. Blendle ist die Sehnsucht von Medienmenschen nach einer Aufwertung einzelner Artikel. iTunes oder durchformatierte Power-Rotations bei Radiosendern bieten aber Emotionen und keine Informationen. Erstere kann man mehrfach konsumieren, letztere wird man immer nur einmal lesen.

    Nach der volkswirtschaftlichen Gütertheorie sind journalistische Beiträge Erfahrungs- und Vertrauensgüter.
    Der Leser muss die Informationen erst aufnehmen, um dann beurteilen zu können, ob er das erhalten hat, was er erwarten konnte. Eigentlich kann er die Qualität von Informationen aber auch ex post nicht beurteilen, denn es herrscht auch noch eine Informationsasymmetrie. Der Autor, in unserem Fall der Journalist, weiß immer mehr als der Leser (vielleicht hat er ja seinen Ehrenkodex missachtet und eine vermeintliche Tatsache gefaked – soll’s ja geben). Entscheidend ist dann das Vertrauen in den Absender.
    #4 bringt das ja auf den Punkt. Er wäre Frank Schirrmacher gefolgt. Greift der Nutzer oder Leser aber nicht mehr zu einem Bouquet, einem Leistungsbündel, dann verschiebt sich der Frame des Vertrauens von der Medienmarke zur journalistischen Kompetenz, der Vertrauenswürdigkeit und des charakteristischen Stils des einzelnen Autors. Der Leser kauft keinen Artikel der Süddeutschen Zeitung mehr, sondern einen Artikel bspw. von Hans Leyendecker. Oder er kauft einen Kommentar von Gabor Steingart, aber nicht mehr des Handelsblattes. Genau aus diesem Grund hat Kai Dieckmann über 80.000 Follower bei Twitter oder Gabor Steingart eine halbe Millionen Empfänger seines Morning Briefings.
    Das Unbundling führt in der Konsequenz zum Aufstieg (und Fall) einzelner Autoren die bis dato hinter der Wand der Medienmarke verschwanden.

    Letztlich wird bei Blendle, wenn überhaupt, nur eine Kuratierung funktionieren. Bekannte Medienmenschenmarken, denen man vertraut, lotsen durch den Ozean von über 100 Titeln mit mehreren tausend Beiträgen. Der Lotse bündelt wieder, was vorher entbündelt wurde. Und dennoch: Informationen werden nur einmal gelesen, emotionale Musik mehrfach konsumiert. Und deswegen wird das Preismodell mit den genannten mentalen Transaktionskosten (sehr schön!) nicht funktionieren. Vielleicht eine Flat pro Lotse.

  8. Habe die gleichen Sympthome wie M.S. oder CB. Warum soll ich mir eine monatliche Flatrate ans Bein binden wenn ich doch nur 2 Songs der Band X haben möchte ??
    „Schon“ Anno 1995 spaltete Stephen King sein Buch „The Green Mile“ in kleinere Bücher auf und verkaufte mir so sein Werk für umgerechnet 25 DM (oder waren es sechs Bände ? dann 30 DM). Ich hätte auch später den kompletten Band oder noch später als Paperback viel billiger haben können.
    Aber nein, ich möchte auch keine dicke fette Zeitung kaufen, wenn ich doch nur 5 Storys und eine handvoll Artikel lese(n kann [zeitlich]). Von daher begrüsse ich das Bendle Modell. Das eine muss das andere ja nicht töten.
    Und wenn die Paderisierung des Morgenkaffes kritisieren machen Sie das doch lieber bei den Kapselkäufern. Die zahlen viel mehr und verschmutzen noch den Planeten 😉

  9. Kann die Argumentation in diesem Artikel nicht nachvollziehen.

    Zusätzlich zum – z.B. – SZ-Abo kann ich mir nun drei, vier (mehr wäre eher unrealistisch) interessante Artikel aus verschiedenen Zeitungen zum Minipreis kaufen, eben ohne die dazugehörigen Zeitungen zum Komplettpreis kaufen zu müssen. Was ich nie täte.
    Zudem wüsste ich ja nicht mal von der Existenz dieser Artikel, da ich hierzu jeden Tag dutzende Zeitungen kaufen und durchsehen müsste.
    Was auf Twitter und FB geteilt wird, kommt ja dem Blendle-Angebot nicht annähernd nahe.

  10. Ich würde ein innotavies Angebot nie danach beurteilen, wie es jetzt konkret aussieht, sondern was die möglichen nächsten Schritte sind. Die Transaktionskosten sind nämlich unproblematisch, wenn man „Jahresabos“ = Guthabenkonten führt. Sie betragen dann rund 2%.

  11. @Christoph: Das ändert ja nichts am Preis. Wenn du jeden Tag 2 oder 3 Texte liest, bist du im Jahr schon weit über 500 Euro. Und musst täglich nicht eine Zeitung durchsuchen, sondern 100. Oder dich auf Kuratoren verlassen. Das klingt am Anfang gut…

  12. Blendle muss mit den Verlagen noch viel justieren. Eine Kurzmeldung des gedruckten Spiegel für einen vergleichsweise hohen Preis anzubieten, ist Quatsch und für das Konzept kontraproduktiv. Titelstories, Dossiers, Features, Strecken, Interviews, Porträts, Reportagen – sprich: alles, was eine gewisse längere Lesezeit erfordert – eignet sich hingegen gut für Einzelverkauf, da müssen nur die Preise moderater werden.
    Zudem muss der Kauf weitere Mehrwerte bieten, die sich aber eben nicht darin ausdrücken, dass gekaufte Artikel nie frei zu lesen sein werden. Viel wichtiger sind Funktionen und Optionen für Archivierung, Verschlagwortung und weiter führende Nutzung der erworbenen Inhalte, die auch echte Hyperlinks enthalten mögen.
    Ich zumindest würde gerne alle erworbenen Artikel in (automatisierbaren) Ordnern zusammenfassen und dort wiederum markieren und verschlagworten wollen.
    Dazu erwarte ich komfortable, also konfigurierbare Suchfunktionen durch die Inhalte.
    Zudem könnte ich mir so eine Umgebung meiner erworbenen Artikelbestände auch vorstellen als Zugang zu den jeweiligen Autoren, Redakteuren, Redaktionen – so liesse ich mich als zahlender Leser gerne binden.
    (Also in gewisser Weise schon ähnlich zu Musikdiensten, die Playlists zulassen, Interpreten- und Label-Seiten bieten und mit vielseitigen Katalog- und Suchfunktionen glänzen.)
    In dieser Art hat es noch keiner der bisherigen Aggregatoren gemacht – womöglich schwebt Blende so etwas vor?

  13. Können Sie doch machen, ist ja ihre Zeitung. Wird auch Menschen geben die bei einem Medium in dem nichts so alt ist wie die Artikel von gestern selbige einzeln zahlen.

    Aber wie viele?

    Das Geschäftsmodell jeder Zeitung beruht(e) auf einer einfachen Tatsache. Es ist verdammt teuer eine Druckerpresse zu betreiben und die Produkte erst per LKW und dann im Einzelhandel an den Konsumenten zu bringen. Das funzt nur als Massenware mit 1 zu n Relationen wobei n min. 6 stellig sein muss. Das wiederum erfordert eine entsprechende Themenvielfalt.

    Ein Journalist hat aber keine Ahnung von dem was er schreibt. Sonst wäre er nicht Journalist sondern Fachmann. Wenn meine Wenigkeit etwas Wissen will käme Sie nie auf den Gedanken in einer Zeitung aktiv zu suchen. Schon gar nicht darauf für die angebotenen, schon immer zweifelhaften Informationen, zu bezahlen. Dafür ist das angebotene Niveau einfach zu schlecht. Wenn es um Inhalte geht sind Fachforen und Blogs schon lange Mittel der Wahl. Die „Währung“ dort ist der Austausch. Man gibt etwas zurück wenn man selbst Ahnung hat. Das ist dann vielleicht nicht das absolute Gurustatement, aber immer noch besser als ein bezahlter Pressemann mit seiner „wir können nichts richtig aber das richtig“ Attitüde.

    Übrig bleibt als Zielgruppe nur noch einer, der News Junkie. Jene seltsame Spezies die auch nach Jahren noch nicht auf einen einfachen Trichter gekommen ist. Das man nämlich genau so gut irgendeine Zeitung der letzten Jahre konsumieren kann wie die Tagesfrische. Es ist so gut wie gar nicht zu unterscheiden was sich ein jeder im Selbstversuch jederzeit bestätigen kann.

    Das Medium wiederum war und ist nicht nur die Message sondern auch eine Wirtschaftsplattform. Für den der zahlt. Das sind heute nahezu ausschließlich die Inserenten.

    Die Verlagshäuser und deren Mitarbeiter kann ich verstehen. Es ist nicht schön wenn man für gute Arbeit keinen Gegenwert erhält. Stattdessen wird man noch zur Quadratur des Kreises aufgefordert in dem bei sinkenden Einnahmen mit „richtigen“ Fachleuten konkurriert werden soll. Das auch noch zum Nulltarif bzw. man möge sich doch die benötigten Mittel bei den Werbekunden holen die man dann im gleichen Atemzug mit Adblockern eliminert.

    Das liegt aber nicht am Leser sondern am toten Geschäftsmodell.

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