Wolfgang Michal
Umbrüche & Entwicklungen

Griechenland und das Versagen der europäischen Linken

16. Mai 2011, 15:51

Der griechische Staat, heißt es, muss nun sein „Tafelsilber“ verkaufen, um sich die Kredite von EU und IWF weiter leisten zu können. Doch Griechenlands tiefer Fall ist vor allem ein Lehrbeispiel dafür, wie Europas linke Parteien versagen.

Natürlich darf man von einem Sozialisten, der für eine Hotelsuite 3000 Dollar pro Nacht bezahlt und einen Porsche Panamera fährt, nichts erwarten. Dass aber die komplette europäische Linke in der Griechenlandkrise versagt, wird sich noch bitter rächen.

Unwidersprochen lesen wir nun seit Monaten, „die Griechen“ hätten über ihre Verhältnisse gelebt. Kein führender Sozialdemokrat Europas bringt den Mumm auf, einmal öffentlich deutlich zu machen, dass die Bezeichnung „die Griechen“ die wirklichen Verhältnisse verschleiert. Wie nahezu überall in Europa ist auch im europäischen Südosten die Schere zwischen Arm und Reich in den letzten Jahrzehnten weiter auseinander gegangen. Das Steueraufkommen der Vermögenden wuchs freilich nicht mit – es ging zurück. So lag etwa das bei den griechischen Finanzämtern deklarierte Einkommen der Ärzte, Rechtsanwälte und Architekten im Jahr 2008 bei 10.000 Euro, das der Händler und Unternehmer bei 13.000 Euro. Das Fluchtgeld vermögender Griechen sammelte sich unterdessen milliardenschwer auf europäischen Bankkonten.

Viele griechische Firmen zahlen kaum Sozialbeiträge für ihre Beschäftigten. Die hinterzogenen Arbeitgeberbeiträge an Renten- und Krankenkassen machen zweistellige Milliardenbeträge aus. Auch die Korruption in den typischen Korruptionsministerien Gesundheit, Verteidigung und Bauwesen verschluckt gewaltige Summen. Insgesamt gehen dem Staat jährlich circa 65 Milliarden Euro durch Korruption, Steuerhinterziehung und Geldwäsche verloren – ohne dass die sozialistischen Regierungen Griechenlands irgendetwas Entscheidendes dagegen unternommen hätten. Ein Bruchteil dieses Geldes würde ausreichen, das griechische Haushaltsdefizit zu beseitigen.

Der aufgeblähte Öffentliche Dienst (der allein 24 Prozent der griechischen Arbeitnehmer beschäftigt) besteht zur Hälfte (!) aus Niedriglohnjobbern mit prekären Zeitverträgen. Sie verdienen 600, 700 Euro im Monat, sind keine privilegierten Beamten und müssen sich von ihrem schmalen Salär auch noch selbst versichern. Die privaten Renten liegen bei 600 Euro im Schnitt. 25 Prozent der jungen Leute (auch der gut ausgebildeten) finden keinen Job. 20 Prozent der Griechen leben unterhalb der Armutsgrenze. Aber in der Krise wird zu Lasten jener gespart, die sowieso nicht viel haben.

Im Frühjahr 2010 erhöhte die sozialistische Regierung die Mehrwertsteuer von 19 auf 21, kurz danach von 21 auf 23 Prozent. Erhöht wurden auch die Steuern auf Benzin, Tabak und Spirituosen. Im Gegenzug kürzte die Regierung die Einkommen im Öffentlichen Dienst, viele Niedriglohnjobber wurden gefeuert (denn das war am einfachsten). Das heißt, die Kaufkraft sinkt weiter, die Arbeitslosigkeit steigt. Und diese Brüningsche Austeritätspolitik wird neuerdings von Sozialisten gemacht! Weil sie unfähig sind, eine funktionierende Besteuerung durchzusetzen, weil sie nicht in der Lage sind, Korruption und Vetternwirtschaft effektiv zu bekämpfen. Sie meinen, wenn sie die Regierungssessel einmal erfolgreich ergattert haben, können sie sich zur Ruhe setzen.

Und nun steht die Veräußerung des gesamten „Tafelsilbers“ auf der Agenda: Häfen, Flughäfen, Staatliche Strom- und Wasserversorger, Gaswerke, Spielbanken, Lotteriegesellschaften, Eisenbahnen, Telekommunikationsunternehmen, Autobahnen, Feuerwehren, Krankenhäuser sollen meistbietend versteigert werden, um mit den Erlösen die Haushaltslöcher zu stopfen (nur Mykonos und die Akropolis sind wohl vorläufig noch ausgenommen). Die europäischen Finanz-Geier warten schon sehnsüchtig auf die preiswertesten Filetstücke.

Und die europäische Sozialdemokratie? Die re-nationalisierten Sozialdemokraten Europas sind bislang nicht in der Lage, die Rolle ihrer heimischen Großbanken bei der Verschuldung Griechenlands zu thematisieren; sie trauen sich nicht, offen über die Rolle jener heimischen Großunternehmen zu reden, die die Korruption in Griechenland erst so richtig befeuern; sie vermeiden es sorgsam, die Beihilfe der heimischen Kreditinstitute bei der Steuerhintererziehung vermögender Griechen zu erwähnen. So arbeitet die Linke in Europa der Renationalisierung in die Hände. Sie übernimmt das Spießergerede von „den Griechen“, die über ihre Verhältnisse leben, anstatt die Schuldigen klar zu benennen. Sie setzt den Spaltern Europas nichts entgegen.

Diejenigen Griechen, Portugiesen und Spanier, die bei den letzten Wahlen noch für die Linke votierten, werden das vermutlich nicht wieder tun. Sie werden in die innere Emigration gehen und den Wahllokalen künftig fernbleiben oder sie werden den rechten, anti-europäischen Parteien folgen. Schon aus Protest. Weil sie von den europäischen Linken maßlos enttäuscht sind.

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28 Kommentare

  1. Brillanter Text. Und er wirft in der Konsequenz die wichtige Frage auf, ob es bei dem Versäumnis, Europa neben einem Binnenmarkt auch noch mit einer Idee auszustatten, nicht doch eine Idee gab: Die Gewinner werden in Südeuropa jedenfalls die Investoren sein, die im längst angelaufenen Ausverkauf am heftigsten hinlangen. Die Geier schlagen längst zu (das Manager Magazin z. B. hat schon vor einem Jahr mit dem Jubel begonnen: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,695496,00.html)

  2. Lieber Herr Michal, Ihr Artikel beginnt ja richtig schön schmissig. Was richtig schön schmissig ist, ist aber leider auch oft falsch. Der Porsche wurde nicht vom „Sozialisten“ gefahren – er nahm lediglich auf dem Beifahrersitz Platz – das geht aber auch aus dem verlinkten Artikel hervor, ist aber nicht so schmissig. Die Hotelsuite, in der der „Sozialist“ abstieg, kostete auch keine 3.000 US$ pro Nacht, auch wenn Agenturen dies tickerten, sondern „nur“ 525 US$ (http://www.liberation.fr/politiques/01012337664-strauss-kahn-a-quitte-menotte-le-commissariat-de-harlem). Das ist aber auch nicht so schön schmissig, weshalb es lieber verschweigen sollte. Denn wir wissen ja alle: Wer mehr als ein Hilfsarbeiter verdient und vielleicht sogar in einem schönen Haus in der Vorstadt lebt, kann kein echter Linker sein.

  3. Lieber Jens Berger, viele Griechen empfinden die IWF-Politik unter Strauss-Kahn nicht so signifikant anders als vorher (siehe den Heise-Link in Kommentar 2). Ich kann also das Wehklagen mancher Kommentatoren über den „Verlust“ nicht so richtig nachvollziehen. Ihr letzter Satz ist natürlich ebenso „schmissig“ wie falsch.
    Schade, dass Sie sich nicht mit dem Inhalt des Beitrags auseinandersetzen.

  4. Am Inhalt des Artikels habe ich auch gar nichts auszusetzen – im Gegenteil, er spricht mir aus dem Herzen. Aber musste diese „krawallige“ Einleitung sein? Sie erinnert mich in Ton und Inhalt eher an die Kampagnen der BILD gegen „Porsche-Klaus“, „Champagner-Oskar“ und „Hummer-Sahra“. Das muss doch nicht sein.

  5. Zu blöd aber auch, der verunglückte Einstieg mit den fragwürdigen Zahlen. Jetzt muss ich auch hinter den anderen Zahlen zu Griechenland ein Fragenzeichen setzen, zumal HIER die Verweise weitgehend fehlen…..sorry.

  6. Frankenfurter: Mal sehen, ob all die Medien, die darüber berichtet haben (und bislang die erwähnten 3000 Dollar nicht korrigierten) falsch lagen. Zweifler gehen vermutlich auf die Internetseite des New Yorker Hotels und lesen den Preis für eine „Junior Suite“ aus der Tabelle ab. Aber ob sie nun 625 oder 3000 Dollar pro Nacht kostet – für einen griechischen Niedriglohnjobber ist der Unterschied sicher unerheblich.

    Die Einleitung meines Textes hebt aber auf etwas anderes ab. Es wird die absurde Erwartungshaltung ironisiert, die einige kluge Eurokrisen-Kommentatoren in Bezug auf Strauss-Kahn haben. Als hinge die Lösung der Eurokrise von ihm ab.

    Hier ein anschaulicher Bericht über die Wirkungen der IWF-Politik in Griechenland.
    http://www.heise.de/tp/artikel/34/34737/1.html

  7. Schon gut, natürlich geht es nicht um die Person DSK. Und Ironie, bezogen auf einen scheinheiligen Kampagnen-Journalismus ist durchaus angesagt, wenn sie denn funktioniert.
    Ich hatte nie die Hoffnung, dass der IWF, der bislang als ein Machtinstrument der reichen Industrienationen funktioniert, in Griechenland etwas anderes ausrichtet, als die Sozialisierung der Verluste, die nur wenige zu verantworten haben. Passt es da nicht wunderbar, dass man für diese Aufgabe einen „Sozialisten“ einsetzt?

  8. Oh, fein, und in Deutschland sind wir auf demselben Weg. Aber das ist natürlich was ganz anderes.

  9. Leider glauben die etablierten Linken immer noch, die Idee von der EU sei auf ihrem Mist gewachsen. Die tatsächlichen Ideengeber und Steuermänner sitzen allerdings auf der entgegengesetzten Seite und lachen sich ins Fäustchen.

    Man könnte dies leicht feststellen, wenn man den Anspruch der Linken an eine EU mit dem Inhalt der Nicht-Verfassung dieser EU abgleicht.

    In großen Organisationen wächst die Macht der „Großen“ und „Kleine“ werden kleiner. Ein ganz logischer Vorgang, der leider durch Nebelkerzen immer wieder verdeckt wird.

  10. Europas linke Parteien haben versagt. Naja, welche denn? In vielen europäischen Ländern, nicht nur in D haben sich Sozialdemokraten und Sozialisten auf den Weg nach Rechts gemacht. Die politische Landschaft ist ja nicht nur in D völlig degeneriert. In GB wählte Labor den gleichen Weg wie hier die SPD – und bezahlte auf gleiche Art. In Griechenland selbst setzen die „Sozialisten“ das neoliberale Spar-Diktat durch. In NL hat die PvdA sich selbst mit einem deutlichen Rechtsruck zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Und so könnte man fast in jedem Land Europas ein entsprechendes Beispiel finden.

    Die europäische Linke ist heftigst in der Krise. Sie hat bis heute nicht begriffen, das sich die Situation nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus radikal geändert hat. Sie hat (von wenigen Ausnahmen abgesehen ) keinerlei Antworten auf die Abfolge neoliberaler Kampagnen und Desinformation gefunden.
    Sie hat bis heute nicht einmal begriffen, das sie mittelfristig ihre Existenzberechtigung allein aus einer Alternative zum neoliberalen Mainstream ziehen kann. 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus kann man der europäischen Linken attestieren, das sie im Koma liegt. Und dafür ist D wiederum ein gutes Beispiel. Wie sonst hätte es ein Herr Clement, ein strammer Neoliberaler zum SPD-Bundesminister bringen können? Und wie sonst hätte es ein Sozialdarwinist und Rechtsausleger wie Herr Sarrazin zum Berliner Finanzsenator bringen können? Und das pikanterweise in einer Koalition mit der Partei „die Linke“?
    Solange die europäische Linke nicht einmal fähig ist die eigene Lage sauber zu analysieren, kann man kaum erwarten das sie auf aktuelle Ereignisse halbwegs sinnig reagiert.

  11. Sehr geehrter Herr Michal,

    warum bezeichnen die die „Spezialdemokraten“ Europas als links? Ob Labour in England, SPD in Deutschland oder die ganzen „sozialdemokratischen“ Regierungen in den „PIIGS“-Staaten, wo stehen die für linke Politik? Haben diese Parteien sich nicht schon lange davon verabschiedet, indem sie sich von Ihrem rechten Flügel haben vereinnahmen liessen und den bewusst gesagt „Kriegsgewinnlern“ Tür und Tor zum Volksvermögen geöffnet haben? Aber in einem haben Sie leider recht. Die linke Politik hat versagt (wobei man ja auch hinterfragen muss, ob wirklich eine Chance besteht, linke Politik zu machen bzw. Möglichkeiten zur Änderung der derzeitigen Zustände aufzuzeigen ohne von den Medien als Spinner oder Kommunist plattgemacht zu werden).

  12. Es stimmt. Die Linke in Europa hat versagt. Sie ist nicht (mehr) autentisch als Heimat der Arbeitnehmer. Das gilt in Deutschland zumindest für die SPD, die – dominiert vom Seeheimer Kreis – längst als Klientelpartei entlarvt ist. Die Partei „DIE LINKE“ mit Oskar Lafontaine, Klaus Ernst, Gesine Lötsch, Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi hatte bisher – diskriminiert von den anderen deutschen Parteien und den neoliberalen Mainstream- Medien – keine Gelegenheit, ihre Fähigkeiten zugunsten der kleinen Leute unter Beweis zu stellen. – Kein Mensch verlangt vom sozialistischen IWF- Chef, in der Jugendherberge zu übernachten und mit dem Fahrrad vorzufahren, aber ein bisschen Bescheidenheit würde die Glaubwürdigkeit der Linken schon erhöhen.

  13. @Kaboom: Je länger die Linke zögert, desto schwerer wird es für sie, eine überzeugende demokratische Alternative für Europa zu formulieren. Die SPE (die Sozialdemokratische Partei Europas, die gibt es tatsächlich) versagt hier völlig. Wo ist der von Willy Brandt in seiner politischen Spätphase (ab 1976) verkörperte Internationalismus? Es reden zwar alle gern von Europa, aber sie blicken über ihre nationalen Tellerränder nicht hinaus.

  14. Hier wird behauptet, die europäische Linke habe versagt. Belegt wird das aber mit der europäischen SOZIALDEMOKRATIE. Die ist aber schon seit Blair und Schröder fester und berechnbarer Anteil des korrupten Systems mit neoliberaler Ausrichtung. Siehe in diesem Zusammenhang die Maschmeyer-Affäre. Dass sich da auch die griechische PaSok einreiht, kann nicht verwundern.

    In Wirklichkeit hat die europäische Linke so engagierte Figuren wie z.B. Frau Wagenknecht, die gerade wieder in ihrem letzten buch mit diesem System und der Achse Schröder-Eichel-Steinbrück-Asmussen abrechnet, mit guten Fakten belegt.
    Nur wo ‚links‘ draufsteht, ist auch ‚links‘ drin.

  15. @Dr.Mabuse: Von den Linken Parteien Europas („Vereinigte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke“) hört man auch relativ wenig Gemeinsames. Mag sein, dass die in den Medien nicht durchdringen, deshalb liegt das Versagen eher bei der Sozialdemokratie. Aber etwas mehr als Sahra Wagenknecht müssten sie schon aufbieten. Es gibt leider noch immer keine europäische Öffentlichkeit, die europäisches Denken und Handeln – jenseits von EU-Institutionen – befördern würde. Weder gedruckt noch im Web.
    Ein Beispiel: http://meedia.de/internet/spanien-und-die-blindheit-der-massen-medien/2011/05/18.html

  16. Wer der Meinung ist, dass man ZUUU wenig von den wahren Linken läse: Könnte es damit zusammen hängen, dass sowas einfach auch Geld kostet? Und dass Bild, SpOn, Zeit, FAZ, Welt und Konsorten in dieser Hinsicht einfach mehr zusammen bringen als die linke Bloggerei?

    Aber so ist das mit dem Linken-Bashing sogar von den Linken selbst: Was nicht funktioniert, fällt jedem ins Auge. Praktikable Verbesserungsvorschläge dagegen darf man in den Heuhaufen suchen …

  17. Ach ja, die (ex?)sozialdemokratischen Journalisten. Ich erinnere mich: Im Vorwärts ein kritischer Artikel über die Atomkraft – und auf Seite zwei eine ganzseitige Anzeige der Kraft-Würg-Union. Damals habe ich meine freie Mitarbeit beim Vorwärts eingestellt. Andere haben weitergemacht – zumindest bis das Blatt den bach runterging. Schon das, samt dem Verkauf der sonstigen eigenen Medien, war der erste Schritt in den neo-liberlen Untergang.
    Wo war da die Kritik der im großen und ganzen doch recht etablierten Vorwärts-Journalisten? Und jetzt ist natürlich die Linke schuld, am ganzen europäischen Elend. Für mich wird andersherum ein Schuh daraus: Erst versagten die Medienarbeiter IN der SPD. Dann die ganze Partei. Und jetzt haben wir den Salat. Und „die“ Linke? War schon immer ein grotesker Haufen aus sich gegenseitig bis auf’s Messer bekämpfenderund vom Staatsschmutz durchsetzter Gruppen und Grüppchen. Und das nicht nur in D. Diese „linken“ sind an nichts Schuld – außer an ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit. Da lobe ich mir dann doch lieber die wenigen (publizistischen) Einzelkämpfer im Lande…

    PS@Jens Berger Ob die Suite nun 3.000 oder 525 Dollar pro Nacht kostete – ein Hartz-IV-Empfänger könnte sich beides nicht leisten…

    PS II@alle: Wieso stellt sich eigentlich niemand die wirklich wichtige Frage, ob es nicht eine Menge Gründe gibt, an eine Falle für DSK zu glauben? (Assange schon vergessen?). Und wenn es eine wäre – was bedeutet das? Für die Euro-Schulden-Krise z.B.?

  18. @Werner Schlegel: Es gab – zu meiner Zeit – durchaus (kleine) Unterschiede zwischen SPD und Vorwärts. Trotzdem war und bin ich kein „sozialdemokratischer Journalist“. Mir reichte Journalist immer vollkommen. Und ich schreibe ja auch über Konservative, Liberale etc.

    Im übrigen gab es schon lange vor der Partei „Die Linke“ eine Linke (historisch betrachtet, nicht parteipolitisch). Ich gehe vom historischen Begriff aus. Deshalb wohl die Irritation in manchen Kommentaren aus dem politischen Umfeld der Partei „Die Linke“. Aus dem alten „Bruderzwist“ wird nichts mehr entstehen, daraus könnte man höchstens etwas lernen. Sympathischer erscheint mir, was sich gerade in Spanien tut (#spanishrevolution).

  19. Warum müssen anti-europäische Parteien immer rechts sein? Diese Leute sind weltfremd, radikal, dumm und ebenso gierig wie die etablierten Parteien. Warum gibt es keine anti-europäische Partei die sich auf grundlegende Europäische Werte konzentriert? Europa neu definiert? Die versucht die unterschiedlichen Ansichten und Kulturen zu vereinen und aus dieser Erkenntnis heraus die Zukunft zu schmieden? Eine Zukunft die über unsere Lebenszeit hinaus geht und nachfolgenden Generationen eine Zukunft bietet?

    Ist das etwa zu anstrengend?

  20. Dominique Strauss Kahn zurückgetreten

    Es darf spekuliert werden: Was haben die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Wikileaks- Gründer Assange mit den Vergewaltigungsvorwürfen gegenüber DSK gemeinsam? Beide dürften in Oligarchen-Kreisen der USA nicht beliebt sein. Assange, weil er den Schleier hinter dem schönen Schein der Supermacht lüftete. DSK weil er als IWF-Chef einen Schuldenschnitt für GR befürwortete, den diesmal nicht nur den kleinen Privatanleger treffen sollte (siehe die „zittrigen Hände“ der privaten Gläubiger Griechenlands) , sondern die Banken/Fonds und Versicherungen. Der Mann war eine eine ernsthafte Gefahr für das große Geld geworden……

  21. @Frankenfurter: Natürlich wird jetzt kräftig spekuliert. Es ist ja fast schon ein Automatismus, dass zunächst allerlei Vermutungen geäußert werden und dann die Siebengescheiten „Achtung Verschwörungstheorie!“ rufen. Gegen diesen Vernebelungsablauf kann man nur Recherche setzen – so viel Geduld muss sein.

  22. Es wird tatsächlich eine sozialdemokratische Politik in Europa vertreten? Von wem? Was ich bisher von einer SPD oder anderen vorgeblich Sozialdemokratischen Parteien gesehen habe, lässt nicht darauf schließen. Viel mehr vertreten sie zunehmend die selben Standpunkte wie die mit „konservativ“ oder „liberal“ gelabelten Parteien. Es ist müßig darüber zu spekulieren, warum das so ist. Das Label passt schon mal nicht mehr, ist nur noch ein Schatten der Standpunkte aufgrund derer es mal zugeordnet wurde.

    Genau das ist doch auch der Grund, weshalb in Spanien die Leute auf die Straße gehen. Sozial oder Sozialdemokratisch kann sich eigentlich nur der wirklich nennen, der auch soziale Entscheidungen trifft und soziale Standpunkte vertritt. Das schaffen weder die Parteien in Spanien, noch sehe ich es in Deutschland.

    Revolution in Spanien? Gesellschaftliche Revolutionen sind bisher (Geschichtlich betrachtet) aus der breiten Masse des Volkes entstanden und von dieser getragen worden. Die Ergebnisse waren zwar nie so, wie sie zu Anfang als Ziel von den Massen vertreten wurden, aber sie haben oft genug einiges an Machtstrukturen weg gefegt und neuem Platz geschaffen. Schauen wir mal, was also aus Griechenland und Spanien wird und welche Machtstrukturen neu entstehen.

    Und eigentlich sind die vielköpfigen friedlichen Demonstrationen und Besetzungen von öffentlichen Plätzen eine weitere schallende Ohrfeige jeglicher Vertreter sozialer und sozialdemokratischer Standpukte, ob vorgeblich oder ernsthaft, ob Partei oder anders organisiert. Es ist ein Zeichen von Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung und das viel zu viele Entscheidungen gegen das Wohl der breiten Masse gefällt wurden. Die Trägheit der Masse ist in Spanien offenbar überwunden worden, der Leidensdruck zu groß geworden, als dass die Ungerechtigkeit im Alltag weiter von diesen ignoriert werden kann.

    Insofern kann man ein breites Versagen der vorgeblichen und ernsthaften Vertreter sozialer Standpunkte proklamieren. Sie haben sich nicht mit den Standpunkten der sozialen Gerechtigkeit durchsetzen können.

    Es wundert mich also nicht, das zu Griechenland geschwiegen wird. Es passt einfach ins Bild.

  23. @Melebert: Zu Spanien wird jetzt nicht mehr geschwiegen.
    Der Hashtag #spanishrevolution ergibt bei Google sehr, sehr viele Treffer. Allerdings: hashtags verändern noch nichts, und ob die spanischen „Empörten“ nach den Wahlen vom Sonntag weiter machen, ist noch unklar.

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